1978: Musik vereint sich zu Rock gegen Rassismus
VERÖFFENTLICHT: 9. MAI 2022
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Pete Townshend von The Who nutzte 1978 bei einem Rock Against Racism-Benefizkonzert in London Marshall-Anlagen, um seine Botschaft zu verkünden.
Nach der berüchtigten „Rivers of Blood“-Rede von Enoch Powell im Jahr 1968, in der der konservative Abgeordnete die Einwanderungszahlen kritisierte und sich gegen das Antidiskriminierungsgesetz „Race Relations Bill“ aussprach, wurde Großbritannien durch die wachsende Unterstützung für die faschistische Nationale Front erschüttert. Als schwarze Fußballspieler rassistischen Gesängen ausgesetzt waren und rassistisch motivierte Morde wie der an dem Sikh-Jugendlichen Gurdip Singh Chaggar im Jahr 1976 verübt wurden, zeichnete sich ein zunehmend düsteres Bild der britischen Gesellschaft ab, da Einwanderer aller Nationalitäten in Angst vor Gewalt lebten.
Mitten in diesem Unbehagen machte Eric Clapton Simmung, als er 1976 bei einem Konzert in Birmingham seine Unterstützung für Powell zum Ausdruck brachte und sein Publikum aufforderte, „Großbritannien davon abzuhalten, eine schwarze Kolonie zu werden“. Seine Äußerungen verärgerten Red Saunders, Jo Wreford und Peter Bruno, die dem NME eine vernichtende Antwort schrieben, die massenhaft nachgedruckt und verbreitet wurde. Clapton war schließlich ein Schüler des Blues – und hatte nur wenige Jahre zuvor mit seiner Coverversion von Bob Marleys „I Shot The Sheriff“ einen Hit gelandet. Er war den Gruppen, die er so verleumdete, eigentlich viel schuldig.
Die X-Ray Spex, angeführt von der britisch-somalischen Punk-Ikone Poly Styrene, waren einer der ersten Acts auf der Liste des Rock Against Racism-Konzerts im Londoner Victoria Park im Jahr 1978, Mick Jones von The Clash und Danny Kustow, Gitarrist der Tom Robinson Band.
„Who shot the sheriff, Eric? Du warst es ganz sicher nicht!“ Red Saunders, Jo Wreford und Peter Bruno, 1976
Als Antwort darauf entstand eine der bemerkenswertesten Anti-Rassismus-Bewegungen in der britischen Musikindustrie: Rock Against Racism, eine politisch engagierte Kulturorganisation, die die angesagtesten Musiker des Landes gegen die Fremdenfeindlichkeit in der Nation vereinte. „Wir wollen rebellische Musik, Straßenmusik... Musik, die weiß, wer der wahre Feind ist“, hieß es in ihrem Manifest, das David Widgery 1976 verfasste. Es endete mit einem eindringlichen Aufruf: „LIEBE MUSIK, HASSE RASSISMUS“.
Die Veranstaltung wurde als das Konzert beschrieben, das eine Nation vereinte ...
Bei Konzerten, Nachtclubs und Tourneen traten Musiker aller Ethnien und Hintergründe auf, wobei Reggae, Rock und Punk im Mittelpunkt der Botschaft der Organisation standen. Am 30. April 1978 startete Rock Against Racism einen historischen Angriff in London: Ein Festival mit bis zu 100.000 Antifaschisten marschierte sieben Meilen vom Trafalgar Square zu einem Open-Air-Konzert im Victoria Park, im Herzen der Hochburg der Nationalen Front. Zu den Headlinern gehörten Tom Robinson und The Clash, während an anderer Stelle Steel Pulse und X-Ray Spex auftraten. Die Veranstaltung wurde als das Konzert beschrieben, das eine Nation vereinte – der Höhepunkt eines Jahrzehnts der Begeisterung für Punkrock und Protest.
Paul Simonon von The Clash spielt vor einer Menschenmenge auf dem „Carnival Against the Nazis“-Konzert von Rock Against Racism.
Ein zweites Festival mobilisierte im September desselben Jahres ähnlich viele Menschen und die Menge zog über die Themse vom Hyde Park zum Brockwell Park, um Auftritte von Aswad, Elvis Costello und Stiff Little Fingers zu erleben. Weitere Veranstaltungen unterstrichen die Entschlossenheit der Organisation für ihre Sache, und der Ehrgeiz und Einfluss von Rock Against Racism hat sich in den folgenden Jahren weit verbreitet.
Deutsche Antifaschisten veranstalteten 1979 in Frankfurt am Main ihre eigenen Konzerte unter dem Motto „Rock gegen Rechts“, und in den 10er-Jahren gab es weitere Veranstaltungen in Städten wie Düsseldorf und Chemnitz. Im Jahr 2002 wurde Love Music Hate Racism – benannt nach dem Slogan des ursprünglichen Manifests von Rock Against Racism - in Großbritannien gegründet und veranstaltete im selben Jahr große Events im Platt Fields Park in Manchester und im Victoria Park in London anlässlich des 30-jährigen Bestehens von Rock Against Racism im Jahr 2008. Sie setzen sich auch heute noch für Gleichberechtigung ein.