1994: Gitarrenmusik erobert beide Seiten des Atlantiks
VERÖFFENTLICHT: 9. MAI 2022
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Sowohl Oasis als auch Blur benutzten zahlreiche Marshall-Verstärker, als der Britpop den Nerv der Zeit traf.
Obwohl Beats, Synthies und tanzbare Rhythmen im Untergrund Wellen schlugen, dominierte die Gitarrenmusik in den 90er-Jahren weiterhin auf beiden Seiten des Atlantiks. Das Jahr 1994 war ein wichtiger Angelpunkt, an dem zwei parallele Subkulturen auf der ganzen Welt Schlagzeilen machten.
In den USA entwickelte sich Grunge aus dem Punk und Hardcore der 80er-Jahre und wurde zum Vorläufer der Emo-Musik und -Subkultur, die etwas später entstand. In Seattle nahmen Bands wie Soundgarden, Pearl Jam und Alice in Chains diesen Stil auf, der als Reaktion auf die Hair-Metal-Bands des vorangegangenen Jahrzehnts galt. Grunge-Musik war geprägt von Verzerrungen und Fuzz und bot angstbesetzte Texte. Die breitere Grunge-Community definierte sich durch unordentliches Haar, Schlabberklamotten und eine allgemeine Lockerheit, die mit den Themen Distanziertheit und Trotz in den Songs einherging.
...Grunge markierte eine neue Evolution des Punk und Hardcore der 80er-Jahre...
Nirvana-Frontmann Kurt Cobain war ein unfreiwilliger Vertreter und eine Stilikone der Grunge-Szene. Er sang auf sarkastische Art und Weise über das Lebensgefühl von Teenagern und sprach sich gegen Homophobe, Sexisten und Rassisten aus, während er gleichzeitig die Abtreibungsgegnerbewegung unterstützte. Sowohl Einzelgänger als auch Rebellen fühlten sich von seiner Mode inspiriert und schöpften aus den Kleiderschränken von Männern und Frauen, um sich mit Flanellhemden und Fundstücken aus dem Secondhandladen eine neue Identität zu schaffen. Als Cobain am 5. April 1994 verstarb, war die hellste Flamme der Grunge-Bewegung erloschen. Alte und neue Fans trauern bis heute um ihn.
Auftritt von Nirvana mit Marshall-Verstärkern im Jahr 1991. Live-Auftritt von Blur. Der NME berichtet über den Tod von Kurt Cobain im Jahr 1994.
Im selben Jahr wurde der Britpop im Vereinigten Königreich populär, als mit „Parklife“ von Blur und „Definitely Maybe“ von Oasis zwei bedeutende Alben die Charts stürmten. Dies markierte eine weitere Abkehr von den Hardrock-, Punk- und Metal-Klängen, die das Amerika der 80er-Jahre beflügelt hatten, und traf den damaligen Zeitgeist, als „Cool Britannia“ den neu erwachten Stolz auf die britische Kultur widerspiegelte.
Als die linksgerichtete Politik im Vereinigten Königreich an Einfluss gewann, griffen Bands wie Oasis, Pulp und Blur auf ihr eigenes musikalisches Vermächtnis zurück – insbesondere auf Künstler der „British Invasion“ der 60er-Jahre. Auch die Flagge des Vereinigten Königreichs wurde wieder zu einem Ausdruck von Stolz – wie Noel Gallaghers Union Jack Epiphone Sheraton deutlich machte.
Britpop- und Alternative-Rock-CDs aus den 90er-Jahren.
Statt der Trübsinnigkeit und Introspektion, die man mit Grunge in Verbindung brachte, setzte Britpop auf Optimismus und Dekadenz und kritisierte häufig die Gentrifizierung. Zerrissene Jeans und langes Haar waren out, Fred Perry-Poloshirts und Kappa-Trainingsanzüge in – der Look spiegelte die Integration der Subkultur in nicht-musikalische Gemeinschaften wie die des Fußballs wider. Genauso wie die Sportfans in Manchester und London durch Rivalitäten zwangsläufig miteinander verbunden waren, wurde der regionale Stolz auf den Britpop durch die Rivalität zwischen Blur und Oasis im Jahr 1995 noch unterstrichen. Diese wurde von den Medien als „die größte Pop-Rivalität seit den Beatles und den Rolling Stones“ bezeichnet.
...Britpop stand für Optimismus und Dekadenz...
Blur konnten einen wichtigen Kampf für sich entscheiden, als sie Oasis an der Spitze der britischen Singles-Charts schlugen, aber das „Battle of Britpop“ ging weiter. Die Gruppe aus Manchester schlug 1996 zurück und spielte zwei Konzerte in Knebworth vor jeweils 125.000 Zuschauern. Es waren die größten Freiluftkonzerte in der Geschichte des Vereinigten Königreichs.
Blur bei einem Live-Auftritt im Alexandra Palace in London.
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